Fairness bei Landtransporten innerhalb Deutschlands? – Eine Bestandsaufnahme

Unsere Ware wird ins Lager geliefert

Wir sprechen von Fairstainability und Zusammenarbeit auf Augenhöhe, und dass wir uns in der gesamten Lieferkette für Fairness und Nachhaltigkeit einsetzen. Das wollen wir auch. Aber manchmal ist es echt schwer. Vor allem, wenn es systemische Fuck-Ups sind, auf die wir gar nicht immer unmittelbar Einfluss nehmen können. 

Ein erster Schritt um Dinge verändern zu können, ist aber, Transparenz zu schaffen.

Wir haben schon viel erlebt

… z.B. Fahrer:innen,von Subunternerhmer:innen, die kein Geld für eine Übernachtung hatten und auf dem Parkplatz unseres Lagers im Transporter geschlafen haben und sich dann auf unserer Toilette rasieren und frisch machen mussten. Oder Fahrer:innen, die nur Geld fürs Tanken, nicht aber fürs Parken bekommen haben. Oder Fahrer:innen die kein Deutsch sprechen und zum Glück einer unserer Kollegen Russisch spricht und so mit den oft osteuropäischen Fahrer:innen kommunizieren kann.

Wo liegt das eigentliche Problem?

Von Lager zu Lager zu Lager…

Ware wird ausgeladen

einhorn Ware wird ausgeladen

Unsere Produkte kann man über unterschiedliche Kanäle kaufen: über unseren eigenen Online-Shop, bei anderen Online-Händlern, in Super- und Drogeriemärkten. Dazu werden von unserem Lager in Berlin aus verschiedene Lager beliefert, bevor die Ware in den Märkten erhältlich ist. Bei größeren B2B-Kund:innen sind das oft sogenannte Zentrallager-Lieferungen. Dabei bucht die Kund:in (z.B. ein Drogeriemarkt) einen Logistikdienstleister (z.B. eine Speditionsfirma), die dann in unserem Lager vorbei kommt und die Ware entweder in ein Zentrallager der Kund:in oder in ein Zwischenlager (sog. Wechselbrücken) fährt, von wo aus es dann weiter transportiert wird.

Eine Frage des Preises…

Es ist, wie so oft, eine Frage des Preises, eine Frage von günstigeren Arbeitskräften, eine Frage des Wettbewerbsvorteils.

Wenn die B2B-Kund:innen ihre Ware direkt bei uns abholen, erwarten sie von uns einen Rabatt, da sie sich um den Landtransport zu den Läden kümmern. Und die Transportdienstleister, gerade der Landtransport zu den Filialen, müssen auch günstig sein und es herrscht ein hoher Wettbewerb in dem Bereich. Schließlich ist jeder gesparte Euro in der Logistik ein direkter Gewinn für das auftraggebende Unternehmen. 

Die Preise der Transportdienstleister (DHL) sind in Abhängigkeit von Mengen. Je mehr Paletten transportiert werden, desto günstiger ist der Preis pro Palette. Manche B2B-Kund:innen haben mit ihren Dienstleistern sogenannte Expresslieferungen ausgemacht. Das heißt: Die Ware wird nach Eingang des Auftrags sofort abgeholt und ausgeliefert. Dadurch müssen die Fahrer:innen ihre geplanten Touren oft abbrechen oder kurzfristig umdisponieren, um auf die sofortige Anfrage reagieren zu können. Wenn dann auch noch unvorhersehbare Ereignisse auftauchen (wie die Überflutungen in Westdeutschland) und sich Transportvolumen in Zwischenlagern stauen, müssen Dienstleister schnell agieren können.

…gelöst mit Subdienstleistern.

Dazu nehmen sie Subdienstleister unter Vertrag. Und diese? Müssen so günstig wie möglich sein! Die Kaskade: Deutsche nehmen polnische Subunternehmer:innen unter Vertrag (kein Mindestlohn von 8,50€/Stunde in Polen nötig). Polnische Unternehmer:innen nehmen gerne ukrainische Arbeitnehmer:innen unter Vertrag, da die wiederum günstiger sind und durch das von Bürgerkrieg geplagte Land auch viele Jobs annehmen, die sehr unterbezahlt sind. Und nicht nur Ukrainer:innen, sondern auch andere Osteuropäer:innen, wie Rumänen und Letten werden eingestellt. Und dass, weil es komplettes Preisdumping auf Landtransporte gibt. 

Was können wir machen?

Ein Verzicht auf Landtransporte ist wohl undenkbar. Demnach muss hier an den etablierten Strukturen gearbeitet werden. 

Dazu zählt erst einmal, das Thema transparent zu machen und mit den beteiligten Stakeholdern in Austausch zu gehen. Wir sind uns gar nicht sicher, ob unserer B2B-Kund:innen überhaupt realisiert haben, wie es auf den Landtransporten teilweise zugeht. Gleichzeitig können wir natürlich über Lade- und Transportzeiten in den Austausch gehen, sodass nicht immer mit 110% Druck gearbeitet werden muss. 

Für die letzte Meile arbeiten wir schon mit Fairsenden zusammen um den Transport von unserem Lager zu euch in Berlin besser zu gestalten.

Faire Arbeitsbedingungen in der Logistikdienstleisterbranche

Es entstehen darüber hinaus auch immer mehr Logistikdienstleister, die sich auf faire Arbeitsbedingungen oder das direkte Zusammenarbeiten mit den Fahrer:innen und Speditionen, ganz ohne Subunternehmen und -dienstleister, spezialisieren.  

Der Verein HLO (Humanitarian Logistics Organisation) hilft zum Beispiel, diesen Teufelskreis aufzubrechen. Ihr Ziel ist es, unter fairen Bedingung zusammenzuarbeiten und direkt die Menschen zu buchen, mit denen sie zusammenarbeiten, ohne Sub-Dienstleister:innen. Das Ziel sind also faire und gesicherte Arbeitsbedingungen für die Fahrer:innen und die Speditionen. Dazu zählt z.B. keine zu schwere Ladung, dass die Lenkzeiten eingehalten werden, dass kurze und sinnvolle Wege bevorzugt werden, die Fahrzeuge Eigentum der Spedition sind und die Fahrer:innen einen direkten Arbeitsvertrag haben. Verkettungen von Sub-Unternehmen und Dienstleistern sollen hierdurch gänzlich vermieden werden. 

Darüber hinaus gibt es auch weitere Unternehmen, die die Landtransportbranche verändern möchten und einen positiven Impact für die Fahrer generieren. Beispielsweise das Unternehmen Fair-Truck, das sich zum Ziel gesetzt hat, die Arbeitsbedingungen von Fahrer:innen zu sichern und diesen ein Netzwerk zu schaffen, in welchem Austausch über mögliche Arbeitgeber:innen und Speditionen stattfinden kann. Damit soll insgesamt mehr Transparenz unter den Fahrer:innen zu Arbeitskonditionen und -bedingungen hergestellt werden.

Natürlich sind das nur erste Schritte, aber diese braucht es dringend. Schlussendlich haben wir das Problem, dass Transporte direkte Kosten für Produkte u. ä. darstellen. Solange diese möglichst gering gehalten werden müssen, um die Wettbewerbsfähigkeit oder den Gesamtumsatz der jeweiligen Unternehmung zu sichern, wird die Spirale aus Ausbeutung nur schwer durchbrochen werden und Situationen wie in unserem Lager werden zum Standard. Es liegt an uns, bewusst nicht in diese Strukturen zu investieren und sie damit zu fördern, sondern sie gemeinsam mit Partnern-to-be wie HLO oder Fair-Truck zu durchbrechen und Änderungen zu leben. Und es liegt auch an uns, diese Erfahrungen mit euch zu teilen und dort transparent zu machen, wo sie evtl. nicht von allen Menschen gesehen werden. 

 


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