Kautschuk nachhaltig anbauen: Was heißt das eigentlich?

Die meisten von euch haben vermutlich keine Ahnung von Agrarwissenschaften. Geht mir auch so. Wir wollen doch aber, dass der Kautschuk für unsere Kondome nachhaltig angebaut wird. Aber was heißt das eigentlich?

Letzte Woche war ich auf einem Stakeholder Workshop von der International Rubber Study Group (IRGS) “Focus Forum on Sustainability”. Hier war die Wirtschaft (vor allem Reifenhersteller), die Kautschuk aufbereitende Industrie, NGOs (z.B. Birdlife International, WWF etc.), die Wissenschaft und Regierungsvertreter und natürlich einhorn unterwegs. Kondome konnte ich auch verteilen. Yes.

Und ja das Fazit ist: so richtig einig sind sich die Experten auch nicht was nachhaltiger Kautschukanbau bedeutet. Es war aber auch interessant zu sehen, dass sich die verschiedenen Vertreter kein Vorwürfe gemacht haben sondern von ihren Erfahrungen zu dem Thema berichtet haben.

Sonst war ich immer gewohnt, dass die NGOs auf die Wirtschaft bashen, egal ob und was sie tun und die Wirtschaft beklagt, dass die NGOs keine praktikablen Lösungsansätze anbieten. Etwas Uneinigkeit gab es aber natürlich trotzdem.

Kautschuk Plantage

Alle haben sich lieb und eine Meinung

Einig waren sich die Vertreter darüber:

  • dass was gemacht werden muss.
  • dass Kautschuk das Potential hat ein echt grüner Rohstoff zu sein.
  • dass sich in den vergangenen Jahren darauf ausgeruht wurde, dass Kautschuk ein nachwachsender Rohstoff ist, aber zu wenig geguckt wurde unter welchen Bedingungen der Kautschuk eigentlich angebaut wird.

Na ok, es gab auch unterschiedliche Sichtweisen

Der Kautschukpreis ist momentan auf einem Rekordtief. Dennoch waren sich die meisten darüber einig, dass der Bedarf an Kautschuk weiter steigen wird und der Preis langfristig ebenfalls. Was die Nachhaltigkeit angeht gab es aber doch unterschiedliche (ich nenne es jetzt mal) Nuancen. Weil ich aber kein Fan davon bin, andere an den Pranger zu stellen, bleibt es mein kleines Geheimnis, wer hier was gesagt hat.

Es gab zum Beispiel die Ansicht, dass Kautschukbäume mehr CO2 binden, als Regenwald auf gleicher Fläche. Die anwesenden Wissenschaftler sahen das anders. Kautschuk bindet demnach mehr CO2 als andere sognannte jährliche Nutzpflanzen wie zum Beispiel Mais oder auch Weideland (auch ohne pupsende Kühe) aber natürlich nicht so viel wie Regenwald an selber Stelle.

Auch gab es Diskussion darüber ob Kautschuk einen eigenen Nachhaltigkeitsstandard braucht oder ob bisherige Zertifizierungssysteme wie z.B. FSC das auch gut abdecken könnten.*

Und bei vielen Themen stehen wir auch noch im Dunkeln

Erstaunlich war auch, dass die meisten zwar davon geredet haben, dass intercropping eine gute nachhaltige Anbauweise sei (also dass nicht nur Kautschukbäume auf dem Stück Land wachsen, sondern auch noch andere Nutzpflanzen angebaut werden).

In den ersten Jahren eines Kautschukbaumes ist das wohl leicht möglich, z.B. mit Ananas. Sobald aber die Baumkronen ausgewachsen sind, haben andere Pflanzenarten nur noch sehr wenig Licht. Es konnte kein Beispiel angeführt werden, in dem das ohne Subventionen geklappt hat. Sprich, wenn keine öffentlichen Gelder mehr fließen, dann klappt das auch nicht mehr. Das ist eben auch nicht nachhaltig.Kautschukbaum mit Plantage

Interessant war auch, dass viele davon berichteten, dass Kautschuktapper nicht richtig wissen wie man den Kautschuk tappt, dadurch verletzen sie oft den Baum und haben weniger Erträge. Auch nicht nachhaltig.

Außerdem ist wohl unklar, warum die meisten Plantagenbesitzer (egal ob Kleinbauer oder große Plantage) viele Herbizide (also Unkrautmittel) einsetzen, obwohl das für die Kautschukbäume nicht nötig sei. Im Gegenteil, für die Kautschukbäume ist das sogar schlechter, weil es auf dem Stück Land dann noch trockener ist. Und Kautschukbäume brauchen Feuchtigkeit, um auch Latex geben zu können. Also nicht nachhaltig und auch nicht wirtschaftlich. Warum werden aber trotzdem die Herbizide eingesetzt? Weil die Arbeiter dann schneller von Baum zu Baum laufen können, weil man im Unterwuchs Schlangen oder andere Tiere schlechter erkennt oder weil es einfach ordentlicher und gepflegter aussieht, wenn auf dem Boden nicht so viel Unkraut wächst?

Kautschukplantage Malaysia

Unser Fairstainability Fazit zu nachhaltigem Kautschuk

Tja und was heißt das jetzt für uns? Weiß nicht, was würdet ihr für Schlüsse ziehen?

Wir werden auf jeden Fall jetzt erst mal nicht um die 5000 Euro für eine Zertifizierung ausgeben, die aus Fairstainability-Sicht nicht mal perfekt geeignet ist.

Wir haben uns dafür entschieden noch mal tiefer einzutauchen und genau zu gucken, was funktioniert hier für uns in Malaysia, wo der Latex für unsere Kondome wächst, unter den geographischen Bedingungen, die hier herrschen. Und was ergibt aus Fairstainability-Sicht keinen Sinn. Gibt es nicht vielleicht doch Pflanzenarten, die hier heimisch sind und die sich für intercropping eignen? Oder zumindest Pflanzenarten, die den Kautschukbäumen und der Umwelt gut tun?

Und ja jetzt denkt ihr euch, wie zum Teufel will ich das herausfinden, wo ich doch gar keine Ahnung von Agrarwissenschaften habe.

Good point, habe ich auch nicht. Aber deshalb machen wir das ja alles in Zusammenarbeit mit der Universität Hohenheim und schicken im Juli vier Studenten nach Malaysia, die genau das und noch viel mehr erforschen sollen. Ziel: einen Ansatz erarbeiten, der tatsächlich nachhaltig ist für unsere Partnerplantage.

*Ach ja und noch für alle, die natürlich schon wissen, wer auf der Koferenz welche Meinung hatte und in welche Schublade die jeweiligen Vertreter zu stecken seien, seid gesagt, so war es nicht.


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