Unfucking periods – Geil was heißt das eigentlich?

Wir wollen die Periode revolutionieren. Das heißt auch: wir werden Periodenprodukte anbieten. Und weil wir einhorn sind, sollen das natürlich fairstainable Periodenprodukte sein.

 

Klingt gut. Das war aber auch schon unser kompletter Plan vor 7 Monaten, als die Periodenreise losging. Im Januar haben Maik und ich (beide Team Fairstainability) erst mal angefangen zu recherchieren, was eigentlich fairstainable Periodenprodukte sind. Kann man überhaupt ein nachhaltiges Wegwerf-Produkt* machen? Welche Bedingungen müssen dann erfüllt sein?

Bedingung 1: Check

Wir fanden heraus, dass klassische Tampons aus Viskose bestehen –  meistens auch überzogen von einem Plastikfilm. Konventionelle Binden bestehen auch aus Zellulose, einer Plastikhülle plus einem Plastikgranulat im Kern, der das Ganze so super saugfähig macht.

Ziemlich faszinierendes Zeug eigentlich –  aber natürlich nicht fairstainable. Aber sind Produkte aus Bio-Baumwolle überhaupt besser? Sie sind es. Für den Körper und die empfindlichen Schleimhäute ist Bio-Baumwolle definitiv besser als Plastik. Für den Planeten, ist es auch die nachhaltigere Option –  zumindest ein bisschen.  (Maik schreibt dazu sicher noch mal einen Blogbeitrag, oder Maik? :)).

Erste Bedingung war erfüllt, wenn wir ein Perioden-Produkt auf den Markt bringen, sollte es aus Fairstainability Sicht zumindest besser sein als die gängigen Produkte. Statt aber einfach auf einen Knopf zu drücken und Binden/Tampons aus “ganz normaler” Bio-Baumwolle zu machen, recherchierte ich weiter. Wie nachhaltig ist Baumwolle überhaupt? Welche Zertifizierungen gibt es? Wie nachhaltig sind die wiederum? Und decken sie das ab, was wir suchen?

Wissen aus der Baumwollwelt

Baumwolle ist ein krasser Rohstoff. Einer der meist angebauten, nicht essbaren Rohstoffe. Baumwolle wird auf ca. 35 Mio. ha weltweit angebaut (im Vergleich dazu: Palmöl wird auf ca. 17 Mio. ha weltweit angebaut).

Die Hauptprobleme bei normaler Baumwolle sind:

  • extrem hoher Chemikalieneinsatz. Die Baumwollfläche macht nur 2,4% der globalen Anbaufläche aus. Aber 25% aller weltweit eingesetzten Insektizide und 11% aller eingesetzten Pestizide werden auf die Baumwollplantagen gesprüht.. Was für Schädlinge nicht gut ist, ist auch für den Menschen nicht gut. Deshalb sterben laut WHO jährlich ca. 20.000 Menschen an einer Pestizidvergiftung im Baumwollanbau (googelt das mal. Das ist wirklich erschreckend).
  • Baumwolle ist außerdem eine sehr durstige Pflanze. 60% der Baumwolle wird künstlich bewässert und 6% des weltweiten Süßwasserverbrauchs gehen auf den Baumwollanbau zurück . Ein T-Shirt “verbraucht” daher bis zu 2000 Liter. Das große Problem ist, dass Baumwolle vor allem in Gegenden angebaut wird, in denen es wenig Wasser gibt.
  • Ganz neu für mich war das Thema Baumwolle und Genmanipulation. Um ehrlich zu sein, habe ich noch gar keine abschließende Meinung zu Genamnipulationen an sich. Was aber bei Baumwolle (und vermutlich auch bei anderen Nutzpflanzen) krass ist, sind die Abhängigkeiten (von Monsanto), die dadurch erzeugt werden. In Indien ist zum Beispiel fast kein nicht gen-manipuliertes Saatgut mehr erhältlich. Das heißt den Bauern bleibt oft keine Wahl in dem, was sie anbauen. Und das genamnipulierte Saattgut funktioniert natürlich am besten in Kombination  mit dem Chemikalienmix von Monsanto, das sie dann gleich mitkaufen “können” um wettbewerbsfähig zu bleiben. Das ist wirklich crazy.
  • Und wie bei fast allen Rohstoffen aus dem globalen Süden ist der normale Baumwollhandel nicht wirklich fair. Die, die mit am härtesten arbeiten, bekommen am wenigsten vom Kuchen ab. Sie sind abhängig von Weltmarktpreisen und bekommen meist nicht den Preis, den ihre Ware wert ist.

Und wenn ihr jetzt, denkt “ok Baumwolle ist Mist. Ich kaufe keine Baumwolle mehr”, ist die Frage, was ihr stattdessen kauft? Polyester und die anderen Kunststofffasern schneiden aus einer Umweltperspektive definitiv nicht besser ab (Stichworte: Mikroplastik in Gewässern & Rohölbaserit).

Wir müssen anfangen grundsätzlich anders zu denken, das Problem bei Baumwolle ist Fast-Fashion, der wahnsinnige Schrei nach möglichst billig und das Gegenteil von langlebig. Nur 1% der weltweit verbrauchten Baumwolle ist bio.

 

“Nachhaltige” Baumwolle und nachhaltige Baumwolle

Bei nachhaltiger Baumwolle, gibt es “nachhaltige” und nachhaltige Baumwolle. Am oberen Ende der Skala ist GOTS Baumwolle zu nennen. Von den Zertifizierung ist es eine der umfangreichsten Zertifizierungen überhaupt, weil sie die ganze Lieferkette abdeckt. Der Fokus liegt auf Umweltaspekten: Bio-Anbau und vor allem in der Weiterverarbeitung (zu Textilien) dürfen keine schädlichen Chemikalien eingesetzt werden. Bei Sozial-Standards werden Mindestanforderungen überprüft wie z.B. Mindestlohn oder Einhaltung der ILO-Kernarbeitsnormen, aber die Bauern  oder auch Arbeiter in den Fabriken bekommen nicht unbedingt existenzsichernde Löhne oder einen Prämienaufschlag. GOTS sagt außerdem nichts über den Wasserverbrauch im Baumwollanbau aus – der kann bei bio (nach meiner Recherche) höher oder auch niedriger sein.

GOTS ist super, aber wie jede andere Zertifizierung ist auch diese  ein ziemlich allgemeiner Standard, der für alle gleich ist. Egal ob die Baumwolle aus Indien, Tansania oder den USA kommt. Es spiegelt eine Momentaufnahme wieder und so wenig man das will, kann die Zertifizierung auch gefälscht werden. Zertifizierungen sind besser als nichts, aber eine Partnerschaft auf Augenhöhe, in der man einander vertraut, ist meiner Meinung nach der beste Weg für langfristigen Wandel. Für mich war also klar: GOTS Baumwolle ist gut, aber mein absoluter Wunsch wäre noch einen Schritt weiter zu gehen. Genau wie bei den Kondomen wollen  wir die Lieferkette verstehen und die Partner kennenlernen. Wir wollen wissen woher die Baumwolle kommt, wie es den Bauern dabei geht und welche Herausforderungen sie haben.

 

Erst ein Gedanken-Furz dann ein Eigentor

Außerdem gibt es bei Baumwolle (im Vergleich zum Kautschuk) auch schon total viele Vorzeige-Projekte. Müssen wir also das Rad vielleicht gar nicht neu erfinden? Könnten wir nicht von den Vorzeige-Projekten Baumwolle beziehen?

Da saßen wir also mit dem Bindenproduzenten, Giorgio, und wollten ihn überzeugen, dass wir bestimmen, wo die Baumwolle für die künftigen Periodenprodukte herkommt. Ich glaube das gibt es nicht oft, dass man als relativ kleine Marke dem Hersteller erzählt, wo er künftig seine Rohstoffe einkaufen solle ohne selbst zu wissen, wo das eigentlich genau sein soll. Er willigte ein, meinte aber auch wir müssen uns um alles kümmern. Er selbst kannte nur seine direkten Lieferanten, nicht aber die komplette Lieferkette bis runter zum Baumwollfeld.

Bei dem Treffen dachte ich mir einerseits: “Geil. Das könnte ja sogar einen Einfluss auf die Modeindustrie haben, weil wir zeigen, dass man auch als kleines Unternehmen komplette Transparenz in der Lieferkette von Anfang an haben kann.” Andererseits dachte ich mir: Mist. Ich mache hier große Versprechungen und habe absolut keine Ahnung, ob das überhaupt möglich ist.” Es fühlte sich an wie ein Eigentor. Die eigentliche Arbeit begann jetzt erst.Wie finde ich super nachhaltige Baumwollprojekte, die dann noch Kapazitäten haben, uns Baumwolle in der benötigten Qualität zu liefern? Und gibt es überhaupt Baumwollprojekte, die all unsere Wünschen erfüllen würden? Und natürlich sollte das alles möglichst schnell passieren, damit wir endlich auf den Produktionsknopf drücken können.

Ich muss sagen, viele Baumwollanfragen liefen gegen eine Wand. Manche Lieferanten stellten sich als nicht so nachhaltig heraus wie dargestellt. Sie wollten dann doch nur über Premiumpreise sprechen. Für andere waren unsere Mengen zu gering, für andere zu hoch, andere hätten zwei Jahre bis zur Etablierung der Lieferkette gebraucht, andere haben nur sehr selten auf meine Emails reagiert, andere konnten einfach nicht die Faser liefern, die wir benötigen – weil Baumwolle ist nicht gleich Baumwolle.

Aber insgesamt bin ich auch auf fünf ganz wunderbare Projekte und Lieferanten gestoßen (Dibella, Cotonea, Sekem, Armed Angels und Remei).  Sie alle haben Transparenz in der Lieferkette aufgebaut. Sie kaufen den Bauern nicht nur die  Baumwolle ab, sondern gucken hin und fragen nach. Sie gehen über klassische Zertifizierungen hinaus und arbeiten zusammen mit den Partnern in der Lieferkette an deren Herausforderungen.

I fell in love with a cotton pioneer

Für uns wird die künftige Baumwolle von Remei und deren Partnerprojekt der bioRe Stiftung in Tansania kommen. Teile des einhorn Teams waren auch gerade eine Woche vor Ort, um sich die Projekte anzugucken (alle Instagram-Follower wissen schon bestens Bescheid). Remei gilt als Pionier in der Bio-Baumwollbranche.  Es ist wirklich wahnsinnig inspirierend, was sie alles auf die Beine gestellt haben (z.B. absolute Transparenz, Abnahmegarantie zum Premiumpreis für die Baumwollbauern, Trainings und unzählige Projekte um die Lebensbedingungen für die Bauern zu verbessern). Da schlägt mein Fairstainability Herz höher. Ich glaube das Team kann das schon nicht mehr hören…
Jetzt müssen wir uns noch daran kümmern alles fertig zu machen, dass dann die Bio-Baumwolle tatsächlich in unseren Periodenprodukten landet.

Aber dann werdet ihr noch viel lesen können was alles in Tansania passiert, warum Remei und die bioRe Stiftung so toll sind und was ihr machen könnt, wenn ihr Baumwolle kauft oder sogar wenn ihr ein Unternehmen seid, dass mit Baumwolle zu tun hat.

Bei Fragen meldet euch! Ich freue mich auf Anmerkungen etc. .

Und für die, die bis hier gelesen haben: wir suchen gerade Unterstützung, die mit uns das Thema Baumwolle pusht! Du bist Student/in und hast Lust auf ein Praktikum/stud. Mitarbeiter-Stelle und wolltest dich schon immer mit Baumwolle und nachhaltigen Lieferketten befassen?  Ziel wäre es, dass du danach im einhorn Cosmos bleibst – und nicht mit all dem Wissen wieder von der Bildfläche verschwindest!  Vielleicht nach dem Studium eine feste Stelle? Let’s see and talk about it.  🙂 Schreib mir an elisa@einhorn.my

 

*  Aus einer Umweltperspektive sind wiederverwendbare Periodenprodukte wie z.B. Cups der absolute Gewinner. Wir werden also auch auf jeden Fall Cups anbieten. Da wir aber aber Periodenprodukte für alle Bedürfnisse anbieten wollen, eben nicht nur Cups. Wir wollen durch das Angebot klassischer Periodenprodukte (Binden und Tampons) auch mehr Aufmerksamkeit für Cups erzeugen und sie endlich aus der Nische heben. Aber das ist ein anderer Blogbeitrag. 🙂 Er folgt bald. Versprochen, aber gerade muss ich noch die Baumwolle besorgen 🙂

Links:

https://www.br.de/radio/bayern1/inhalt/experten-tipps/umweltkommissar/wasserverbrauch-virtuell-herstellung-umweltkommissar-100.html 

https://www.suedwind-institut.de/index.php/de/baumwolle.html

http://www.wwf.de/fileadmin/fm-wwf/Publikationen-PDF/Report_Sustainable_Cotton_Ranking_2017.pdf

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https://textileexchange.org/downloads/life-cycle-assessment-of-organic-cotton/

 


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