„Long time no see“ wie man in Südostasien sagt. Wir haben schon lange kein Fairstainability-Update mehr gegeben, hier nun endlich:
Elisa und ich (Linda) sind jetzt schon seit über einem Monat wieder in Malaysia.Hier arbeiten wir daran, erste langfristige Fairstainability-Maßnahmen auf unserer Partnerplantage umzusetzen. Eine dieser Maßnahmen war ein Training der Arbeiterinnen und Arbeiter.
Als ich letztes Jahr im Sommer hier war habe ich ja alle Arbeiter*innen interviewt . Mir ist damals aufgefallen, dass die Kenntnisse über die Kautschukbäume und das richtige Tappen bei den Arbeiter*innen sehr unterschiedlich sind. Außerdem haben wir von den Plantagenbesitzern (Mr. Tan und sein Sohn Heng) erfahren, dass die Arbeiter*innen noch nie ein formales Training bekommen hatten. Das ist krass, weil Kautschukzapfen eine wirklich schwierige Aufgabe ist, bei der man auch viel falsch machen kann und den Baum verletzen kann . Also, time to change this.
Was haben wir gelernt?
Heng und ich sind noch bei Dunkelheit in Penang aufgebrochen. Zusammen mit der aufgehenden Sonne kamen wir auf der Plantage an. Ich war überrascht, als ich aus dem Auto ausstieg. Die Arbeiter*innen hatten nicht wie sonst ihre gummiverschmierte Arbeitskleidung an, sondern waren alle schick angezogen. Es lag etwas vorfreudige Spannung in der Luft, was uns wohl erwarten wird. Ich hatte auch etwas Schiss, ob die Arbeiter*innen das Training wohl cool finden würden?
Nach einer kurzen Registrierung (alle erhalten noch ein Zertifikat über die Teilnahme) ging es los.
Der Trainer Mr. Syam vom Malaysian Rubber Board erklärte uns auf Malaiisch gaaanz viele Dinge, auf die man beim Tappen achten muss z.B.: Wo fängt man an zu tappen? Wie tief darf man in die Rinde reinritzen? Klar, die Arbeiter*innen wussten die Hard-Facts. Aber er konnte super spannend den Zusammenhang vom Tappen und der Physiognomie des Baumes erläutern.
- Die Rinde des Baumes muss 7mm dick sein, bevor man sie abtragen kann.
- Ein Kautschukbaum muss einen Radius von mindestens 45cm haben, bevor man ihn das erste Mal anritzen darf
- Man fängt bei 5 Feet an von links oben nach rechts unten zu tappen. Es wird in diese Richtung getappt, weil die „Latexadern“ unter der Rinde so angeordnet sind, dass dann mehr Latexmilch fließen kann
Ich war beeindruckt von den Arbeiter*innen, die schon ganz viele Dinge davon wussten und viele Fragen vom Trainer beantworten konnten. Er hat ihnen auch sehr gutes Feedback über ihre Tapping-Skills gegeben.
Und was bringt ihnen dann so ein Training?
Kennt ihr das nicht auch, wenn ihr ein Zeugnis oder eine Urkunde in der Hand haltet, auf der schwarz auf weiß steht, dass ihr etwas könnt? Das Training hat also krass zur Wertschätzung der Arbeiter*innen beigetragen. Das ist wichtig, weil der Beruf des Tappers nicht sehr hoch in der Gesellschaft angesehen wird. Jetzt kam also jemand „offizielles“ und hat gesagt, dass sie dort jeden Tag unglaublich gute Arbeit leisten. Man hat gemerkt, dass sie das freut.
Und gleichzeitig haben sie auch noch viel gelernt. Jetzt wissen sie nicht nur, dass man bestimmte Techniken so anwendet, sondern warum das so gemacht wird.
Nach soviel Input hatten wir alle Hunger und waren froh, dass Fatimah für alle Nasi Lemak (Reis in Kokosmilch gekocht) und Eistee besorgt hatte. Frisch gestärkt gings dann nochmal zurück zu den Bäumen, bevor die Fotosession losging: Erst ein Gruppenfoto, dann alle Frauen, dann alle Männer, dann hier noch eins und da noch eins.
Kleiner Nebeneffekt: Teambuilding
Ein Nebeneffekt dieses Trainings war der Teamspirit, der von selbst entstanden ist. Normalerweise laufen die Arbeiter*innen in den frühen Morgenstunden alleine von einem Baum zum nächsten und zapfen die Bäume an. Beim Training sind hingegen alle zur Abwechslung mal gemeinsam über die Plantage zu verschiedenen Bäumen gelaufen. Dabei wurde über Gott und die Welt geplaudert und über das richtige Tappen gefachsimpelt.
Meine Angst das Training würde langweilig werden hat sich also nicht bestätigt. Eine der Arbeiterinnen, Sundrambal, hat sich spontan im Namen aller beim Trainer, Heng und mir bedankt und wir sind alle glücklich nach Hause gefahren.
Julien
Großartig! 🙂