Die liebe Miriam Rupp von mashup communications hat ein Buch über Storytelling geschrieben. Wie man mit Geschichten zum Erfolg kommt in Content Marketing, PR, Social Media, Employer Branding und Leadership. Natürlich durfte auch einhorn als Fallbeispiel nicht fehlen. Hier ist der spannende Auszug über das Geheimnis von einhorn:
Das Anfang 2015 gegründete Berliner Start-up einhorn vertreibt
fair und nachhaltig hergestellte Kondome in Chipstüten. 50
Prozent der Einnahmen sollen dabei in soziale und nachhaltige
Projekte reinvestiert werden. Den Startschuss haben die Gründer
Waldemar Zeiler und Philip Ziefer mit einer Crowdfunding-
Kampagne gegeben, über die mehr als 100.000 Euro
eingenommen wurden.
»Du verkaufst ein Produkt, das es noch gar nicht gibt. Das ist die
Königsdisziplin des Marketings, wenn du es schaffst, dass Leute
dir vorab Geld geben und darauf hoffen, dass in ein paar
Monaten das Produkt fertig wird. Das ist besser als jede User-
Befragung«, so der Gründer Waldemar Zeiler in meinem
Gespräch mit ihm.
Bereits mit dem Video zur Crowdfunding-Kampagne legten die
beiden Gründer den Grundstein für ihr Storytelling, das den
Spagat zwischen ernst gemeinter Aufklärung und abgedrehter
Unterhaltung schafft. Es folgten weitere Aktionen, wie eine
Demonstration vor dem Brandenburger Tor für das Recht auf
mehr Orgasmen oder eine Webvideo-Serie, in der im Stile einer
»Mockumentary«, ähnlich wie bei der TV-Serie »Stromberg«
nach einem neuen CEO gesucht wird. Waldemar Zeiler gibt
weitere Einblicke in die Geschichte und den Storytelling-Ansatz,
der das Branding nach außen wie auch die Unternehmenskultur
bis hin zum Recruiting prägt:
»Wir wollten eine Lifestyle-Marke aufbauen, die das Ziel hat,
fair und nachhaltig zu sein, und dabei komplett transparent
ist. Dabei wollten wir trotzdem unsere Persönlichkeiten und
den Spaß, den wir an Witz und Humor haben, einbringen.
Unsere Charaktere, unser Produkt, die Persönlichkeiten in
unserem Team und die Verrückten, die wir inzwischen
anziehen, haben dazu beigetragen, dass wir hier ständig Ideen
auf dem Tisch haben.
Bevor wir starteten, haben wir unsere Grundwerte definiert.
Diese sind zum einen ›fairstainable‹, eine Wortmischung aus
fair und sustainable: Egal, was wir machen, wir prüfen
immer, ob etwas fair und nachhaltig ist. Das zweite ist
›unicornique‹ – unicorn und unique. Jeder unserer
Mitarbeiter kann ein Veto einlegen, wenn er der Meinung ist,
dass etwas langweilig ist. Das zwingt einen dazu, alle 08/15-
Sachen zu überdenken. Angefangen beim Produkt: Wir
verkaufen nicht in quadratischen Packungen, wir verkaufen in
Chipstüten. Wir haben zig Designs und gehen das Thema
komplett witzig an. Also weg vom medizinischen Produkt. Das
ist ein Lifestyle-Produkt für uns. Sobald wir eine Aktion
planen, stellen wir uns die Frage, ob es unicornique ist. Und
wenn es das nicht ist, dann machen wir die Aktion nicht. Der
letzte Wert ist ›fug‹: fight and hug. Philipp und ich streiten uns
viel über die verschiedensten Dinge, haben aber gemerkt,
dass dabei, auch wenn es emotional extrem anstrengend ist,
immer ein super Resultat rauskommt. Da es aber keine
langfristige Lösung ist, sich gegenseitig so zu zerfressen,
haben wir beschlossen, dass wir uns zwar streiten dürfen, uns
aber sofort danach umarmen müssen. Und das zieht sich
durch die ganze Firma: Wir dürfen uns für den guten Zweck
streiten, aber danach muss sich umarmt werden und dann ist
auch alles gut. Bei uns geht keiner abends mit einem
schlechten Gefühl im Bauch schlafen. Und diese drei
Grundwerte tragen unsere Firma.
Es fängt bei der Stellenausschreibung an: Wir sind immer per
Du, sind immer in unserem Zauberwald, immer eine
Mischung aus Professionalität und Verrücktheit und wir
schalten vor der Bewerbung auch immer ein Spiel oder einen
Psychotest dazu. Man gelangt bei StepStone von der
Ausschreibung der CEO-Stelle erst zu einem Test, und nur wer
den besteht, bekommt eine Mail mit Infos zum
Bewerbungsverfahren. Beim Head of Sustainability hatten wir
ein Memory-Spiel. Dort musste die Wertschöpfungskette des
Kautschuk-Anbaus richtig sortiert werden. Das Spiel wurde
ein Riesenhit und mittlerweile 800-mal gespielt, auch von
denjenigen, die sich gar nicht beworben haben. Einfach nur
eine Stellenanzeige einzustellen, die nur Kandidaten bringt,
ist nicht unicornique und für uns definitiv zu wenig. Wir
versuchen, alle Maßnahmen so anders zu machen, dass das
Interesse an der Marke geweckt wird.
Diejenigen, die den ganzen Prozess durchlaufen haben und
dann bei uns angestellt werden, wissen durch diesen Prozess
schon ganz gut, in welche Richtung es geht.«
Anhand der Mentortypen von Sachs könnte einhorn als eine
Mischung aus Heiler (fairstainabe), Rebell (fight and hug) und
Narr (unicornique) betrachtet werden, der vor allem die
Bedürfnisse Gerechtigkeit, Einzigartigkeit und Verspieltheit
fördert. Es gibt jedoch auch viele weitere Archetypen aus der
Mythologie bzw. der Geschichte und den Geschichten der
Menschheit, aus denen sich jedes Unternehmen kreativ bedienen
kann. In diesem Fall ist der Namensgeber des Unternehmens,
das Einhorn, bereits ein Typ für sich, der nicht nur den Slogan
»Make Magic Happen« inspiriert hat. »Das edelste aller
Fabeltiere steht in seiner Gesamtheit ausnahmslos für das Gute.
Kein Wunder also, dass das Einhorn Namensgeber ist, denn mit
einem einhorn-Kondom entscheidet man sich für das Gute. Für
guten Sex, für ein gutes Gewissen und guten Geschmack«, heißt
es im offiziellen Pressebereich des Unternehmens. Dem fügt
Waldemar Zeiler im Gespräch noch hinzu:
»Der Name war einfach irgendwann da. Wir haben uns
verschiedene Namen und Logos angeschaut und bei einhorn
hat es einfach gepasst. Unser Anspruch war es immer, Social
Unicorns zu bauen, und da passt diese Spielerei natürlich.
Einhörner mögen alle. Das ist eine super Story von Leonardo
da Vinci: Einhörner können nur gefangen werden, wenn sie
sich in den Schoß einer Jungfrau schlafen legen. Das Horn
heilt alle Krankheiten. Am Ende waren sich alle einig, dass es
einhorn sein muss, weil es so viele Facetten bedient. Damit ist
es auch einfach keine rein männliche Marke. Kondome
werden nämlich zu gleichen Teilen von Männern und Frauen
gekauft. Deshalb mussten wir etwas wählen, das nicht zu
dominant ist. Wir wollten nicht den Fehler machen, zu sehr
auf die männliche Zielgruppe zu gehen. Einhörner haben
einfach dieses Feenhafte, sind aber gleichzeitig ein tolles
Symbol für Pferdestärken und können so auch den Mann
abholen.«
Abschließend fasst Waldemar Zeiler noch einmal den Story-Wert
des Themas Nachhaltigkeit im Allgemeinen zusammen:
»Jetzt im Nachhinein sagen viele, dass Kondome ein total
dankbares Produkt sind. Ich denke eigentlich nicht, dass das
so ist. Wenn man sich zuvor den Kondommarkt angeschaut
hat, hätte kaum jemand gedacht, dass man ein
Alleinstellungsmerkmal finden kann. Eine große Rolle spielt
die Nachhaltigkeit und die Transparenz. Die Generation Y ist
die größte Käuferschicht-Generation, die es gibt, und die lässt
sich einfach nicht mehr verarschen. Die fragen sich, wo die
Sachen herkommen und wie sie hergestellt werden. Das ist
eine Wahnsinns-Chance, selbst bei den normalsten
Allerweltsprodukten. Das Fairphone ist ein weiteres super
Beispiel, weil es zwar Designklassiker wie das iPhone und
Technik-Pros wie Samsung gibt, das Fairphone aber trotzdem
gekauft wird, allein wegen der Nachhaltigkeit. Die Dinger
sind ausverkauft. Einfach, weil sie eine riesige Story
erzählen.«
Weitere Beispiele:
»Für Mehr Lächeln« von Listerine:
http://www.listerine.de/fuermehrlaecheln
»Built Free« von Jeep: https://vimeo.com/78018457
»Magic Happens von Disney:
»The Man Your Man Could Smell Like« von Old Spice:
»Last« von Nike:
https://www.youtube.com/watch?v=OxunzQQNgQM
»Mehr leben im Leben« von Janssen Deutschland:
http://www.mehr-leben- im-leben.de/
»Replay« von Gatorade:
https://en.wikipedia.org/wiki/REPLAY_the_Series
»Childlike Imagination – What my mom does at GE« von
General Electrics:
https://www.youtube.com/watch?v=Co0qkWRqTdM
»David werden« von Greenpeace:
»Jedes Baby ist ein Prinz oder eine Prinzessin« von Pampers
UK: https://www.youtube.com/watch?v=QYi67tH_290
»Bosch World Experience«:
http://www.bosch.com/de/com/boschglobal/bosch_world_expe
rience/the_adventure/the_adventure.html
»Worn Wear« von Patagonia: http://wornwear.patagonia.com/
»Damnation« von Patagonia: http://damnationfilm.com/
»Chain of Good« von Innocent Drinks:
»#letslovestorm« von Innocent Drinks:
https://www.letslovestorm.com/
Crowdfunding-Kampagne von einhorn:
Wer jetzt neugierig geworden ist, kann das ganze Buch hier kaufen.